Intensivpflege zu Hause: Wer hat Anspruch und welche Voraussetzungen gelten?
Wir unterstützen Betroffene sowie deren Familien in jeder Lebenssituation. Deshalb möchten wir in diesem Ratgeber einen umfassenden Überblick über die Voraussetzungen für die Intensivpflege zu Hause geben und zeigen, welche medizinischen, formalen und organisatorischen Kriterien erfüllt sein müssen.

Was bedeutet Intensivpflege zu Hause?
Intensivpflege zu Hause, auch bekannt als außerklinische oder ambulante Intensivpflege, bedeutet eine umfassende medizinische und pflegerische Betreuung für schwer erkrankte oder pflegebedürftige Menschen, die in ihrer vertrauten Umgebung statt in einer Klinik oder Pflegeeinrichtung stattfindet.
Diese Art der außerklinischen Versorgung richtet sich somit an Erwachsene, Jugendliche und Kinder, die rund um die Uhr auf professionelle Unterstützung angewiesen sind. Dies umfasst unter anderem die Beatmung, die Überwachung lebenswichtiger Funktionen oder den Einsatz spezieller medizinischer Geräte.
So soll Betroffenen trotz intensiver Pflegebedürftigkeit ein weitgehend selbstbestimmtes Leben im eigenen Zuhause ermöglicht werden.
Kinderintensivpflege zu Hause
Gerade bei Kindern ist der gewohnte Tagesablauf und die Nähe zur Familie wichtig für das Wohlbefinden und die weitere Entwicklung. Die ambulante Intensivpflege für Kinder ermöglicht es Euch deshalb, Eurem Kind die notwendige medizinische Versorgung in den eigenen vier Wänden zu bieten, wo es sich am sichersten und geborgensten fühlt.
Durch tägliche Begleitung auf Augenhöhe, ein unterstützendes Netz aus professionellen Pflegekräften, Ärzten und therapeutischen Angeboten sowie angepasst an die individuelle Lebenslage Eurer Familie entsteht so eine stabile, liebevolle Versorgung im vertrauten Zuhause.
Wer hat Anspruch auf außerklinische Intensivpflege?
Die Gesetzgebung sieht vor, dass Menschen, die eine medizinisch notwendige Intensivpflege benötigen, grundsätzlich die Möglichkeit haben sollen, zu Hause gepflegt zu werden statt im Krankenhaus, wenn Anspruch besteht und die Voraussetzungen erfüllt sind.
Insbesondere Menschen mit Behinderungen in Deutschland haben einen rechtlich verankerten Anspruch darauf, Pflege und Betreuung in ihrem Zuhause oder an einem anderen geeigneten Ort zu erhalten. Dieser Anspruch wird durch nationale Gesetze wie das SGB V und SGB IX sowie durch internationale Abkommen wie die UN-Behindertenrechtskonvention gestützt.
Eine der wichtigsten rechtlichen Grundlagen dafür findet sich in § 37 SGB V. Danach besteht Anspruch auf die außerklinische Intensivpflege für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung, insofern eine medizinische Notwendigkeit besteht und ein Krankenhausaufenthalt nicht möglich oder gewünscht ist. Dies gilt unabhängig vom Alter und umfasst auch Kinder und Jugendliche.
Eine weitere Voraussetzung für den Anspruch auf Intensivpflegeleistungen ist zudem, dass die Pflege nicht im notwendigen Umfang von einer im Haushalt lebenden Person übernommen werden kann. Es muss daher ggf. geprüft werden, ob Angehörige grundsätzlich in der Lage wären, die Pflege zu übernehmen und ob dies zumutbar ist.
Wie lange besteht Anspruch auf Pflege zu Hause?
Die häusliche Krankenpflege umfasst dabei sowohl die Grundpflege als auch die medizinische Behandlungspflege und wird für die Dauer von bis zu vier Wochen je (Krankheits-)Fall gewährt.
In Ausnahmefällen kann diese auch für einen längeren Zeitraum genehmigt werden, wenn eine anerkannte Stelle wie z. B. der Medizinische Dienst der Krankenkassen bestätigt, dass die Pflege weiterhin erforderlich ist.
Bei welchen chronischen Krankheiten und Behinderungen kommt Intensivpflege infrage?
Die außerklinische Intensivpflege richtet sich an Menschen (Kinder und Erwachsene) die aufgrund einer schweren chronischen Erkrankung, einem Unfall oder angeborenen Beeinträchtigung zeitweise oder dauerhaft auf eine medizinisch-pflegerische Versorgung angewiesen sind. Häufig ist dies bei einem hohen Pflegegrad, intensiven Überwachungsbedarf oder einer dauerhaften Beatmung der Fall.
Zu den häufigsten Krankheitsbildern bei denen eine Intensivpflege erforderlich sein kann, gehören dabei unter anderem:
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
- Demenz
- Lungenerkrankungen (nach Unfällen oder Infektionen)
- Mukoviszidose
- Multiple Sklerose (MS)
- Muskelatrophien oder Muskeldystrophie
- Parkinson
- Tumorerkrankungen
- Epilepsie
- Respiratorische Insuffizienz (Künstliche Beatmung)
- Frühgeburtlichkeit
Welche Arten der Behinderung erfordern eine Intensivpflege?
Intensivpflege wird auch häufig bei folgenden angeborenen oder erworbenen Behinderungen notwendig:
- Schwere Hirnschädigungen (kongenital oder durch Unfall/Krankheit bedingt)
- Apallisches Syndrom (Wachkoma)
- Langandauernde Bewusstseinsstörungen (Koma)
- Querschnittslähmung (motorischen Einschränkungen)
- Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
Unterschiede: Nach Unfall, bei Krankheit oder bei Behinderung
Ob Unfall, Operation, Krankheit oder Behinderung: Entscheidend ist nicht der Auslöser, sondern die medizinische Notwendigkeit.
Dennoch unterscheiden sich die Versorgungsziele:
- Nach einem Unfall, bei akuter Erkrankung oder nach einer Operation liegt der Fokus auf der Stabilisierung des Gesundheitszustands und der Rückkehr in den gewohnten Alltag. Die Pflege ist in diesem Fall meist zeitlich begrenzt.
- Bei chronischen Erkrankungen oder Behinderungen geht es eher um die langfristige Begleitung. Ziel ist ein sicheres und möglichst selbstbestimmtes Leben. Besonders bei Kindern steht zudem auch die Förderung im Mittelpunkt, einmal auf entwicklungstechnischer, aber auch auf sozialer und emotionaler Ebene.
Voraussetzungen für die außerklinische Intensivpflege
Um als Betroffene oder Eltern ambulante Intensivpflege für Euer Kind zu Hause in Anspruch nehmen zu können, sind mehrere Voraussetzungen zu erfüllen, die sowohl medizinische als auch formale und organisatorisch-pflegende Aspekte umfassen. Dazu zählen:
Medizinische Voraussetzungen für die Intensivpflege zu Hause
Damit die häusliche Krankenpflege (einschließlich Intensivpflege) von der Krankenkasse genehmigt werden kann, muss eine medizinische Notwendigkeit bestehen.
Eine medizinische Notwendigkeit liegt beispielsweise bei einer schweren Erkrankung, einer bestehenden Behinderung oder einer akuten Verschlechterung des Gesundheitszustands vor, etwa nach einem Krankenhausaufenthalt oder einer ambulanten Operation.
Zu den typischen medizinischen Gründen zählen dabei:
- Notwendigkeit einer Beatmung oder Atemunterstützung
- Überwachung von Vitalparametern wie Puls, Blutdruck oder Sauerstoffsättigung
- Komplexe Pflegeaufgaben wie Tracheostoma, Sondenernährung oder Katheterpflege
- Instabile Krankheitsverläufe (z. B. bei neurologischen oder pulmonalen Erkrankungen)
- Erhöhtes Risiko für Komplikationen (z. B. bei Epilepsie oder Schluckstörungen)
Diese Gründe müssen durch spezialisierte Fachärzte festgestellt und durch eine Verordnung vollständig dokumentiert werden.
Zudem muss die außerklinische Intensivpflege nachweislich eine Krankenhausbehandlung ersetzen, vermeiden oder verkürzen, z. B. wenn die Pflege zuhause bevorzugt wird oder ein Krankenhausaufenthalt nicht möglich ist.
Formale und rechtliche Voraussetzungen für die Genehmigung der ambulanten Intensivpflege
Nach den Vorgaben des SGB V gelten folgende formale Voraussetzungen für die Genehmigung der Intensivpflege:
Fachärztliche Verordnung
In der ärztlichen Verordnung wird durch den behandelnden Facharzt nicht nur die medizinische Notwendigkeit der außerklinischen Intensivpflege festgehalten, sondern auch
- wie viele Stunden pro Tag Pflege nötig sind,
- welche medizinischen Maßnahmen genau durchgeführt werden müssen, zum Beispiel die Nutzung eines Beatmungsgeräts oder spezielle pflegerische Aufgaben.
Anschließend wird die Verordnung dann an die Krankenkasse übermittelt, die die Angaben prüft und über die Genehmigung sowie Kostenübernahme entscheidet. In der Regel werden die Kosten dabei vollständig von der Krankenkasse übernommen, allerdings können in bestimmten Fällen Eigenanteile anfallen, z. B. bei speziellen Wohnformen oder zusätzlicher Grundpflege.
Zudem dient die Verordnung für Ambulante Intensivpflegedienste, wie der außerklinische Intensivpflegedienst von Querleben, die Pippilotta Intensivpflege, als Basis für eine möglichst passende Betreuung und sorgt dafür, dass alle medizinischen Anforderungen erfüllt werden.
Dafür arbeiten wir auch eng mit den behandelnden Ärzten zusammen und bieten so eine umfassende Betreuung und maßgeschneiderte Unterstützung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 27 Jahre mit schweren Einschränkungen, sei es durch chronische Erkrankungen oder Behinderungen.
Pflegegrad (bei ergänzenden Leistungen)
Für zusätzliche Leistungen wie Grundpflege oder hauswirtschaftliche Versorgung ist in der Regel ein Pflegegrad ab Stufe 2 notwendig.
Wie Ihr dabei Schritt für Schritt bei der Beantragung des Pflegegrads für Euer Kind beantragen könnt, lest Ihr in unserem Ratgeber „Pflegegeld für behindertes Kind beantragen“.
Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (bei längerer Dauer)
Wenn Pflege über vier Wochen hinaus erforderlich ist, also in den meisten Fällen bei einer Behinderung oder chronischer Krankheit, ist eine zusätzliche medizinische Prüfung (z. B. durch den Medizinischen Dienst) nötig.
Organisatorisch-pflegerische Voraussetzungen
Die nachfolgenden Voraussetzungen betreffen die praktische Umsetzung der Pflege, also, ob sie im Alltag überhaupt möglich ist. Dazu gehören:
Geeigneter Ort für die Pflege
Die Pflege muss an einem passenden Ort stattfinden, zum Beispiel zu Hause im familiären Umfeld oder an einem anderen geeigneten Ort, wie einer betreuten Wohnform, einer Schule, Kita oder Werkstatt für Menschen mit Behinderung, die barrierefrei und behindertengerecht ausgestattet sind.
Pflege durch geeignete Pflegekräfte
Die Versorgung muss durch qualifizierte Pflegekräfte sichergestellt sein, also durch Personen mit der nötigen fachlichen Ausbildung und Erfahrung. Entweder übernehmt Ihr dabei selbst die Verantwortung und wählt die passenden Pflegekräfte oder Ihr bekommt diese zugewiesen.
Weitere Informationen für Betroffene, Eltern und Angehörige
Wenn Du mehr über die außerklinische Intensivpflege erfahren möchtest, findest du hier alle wichtigen Informationen:
Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet Intensivpflege zu Hause?
- Kinderintensivpflege zu Hause
- Wer hat Anspruch auf außerklinische Intensivpflege?
- Wie lange besteht Anspruch auf Pflege zu Hause?
- Bei welchen chronischen Krankheiten und Behinderungen kommt Intensivpflege infrage?
- Welche Arten der Behinderung erfordern eine Intensivpflege?
- Voraussetzungen für die außerklinische Intensivpflege
Wir sind für Euch da!
Liebe Eltern, Angehörige und Betroffene, wir von Querleben wissen aus Erfahrung, dass die Beantragung von Intensivpflege oft emotional belastend und mit bürokratischen Aufwand verbunden ist. Genau deshalb ist es so wichtig, frühzeitig Beratung in Anspruch zu nehmen. Pflegefachkräfte, Sozialdienste oder spezialisierte Pflegedienste wie unserer helfen, den Überblick zu behalten und alle nötigen Schritte korrekt einzuleiten.
Mit der richtigen Unterstützung wird aus Unsicherheit eine Struktur und aus Hilflosigkeit eine neue Perspektive. Lasst uns diesen Weg gemeinsam gehen.
